Bei unseren Vorträgen über elektronische Dokumentenverwaltung und bei der Einrichtung von isidocs kommen einige Fragen in großer Regelmäßigkeit. Wir nennen das “Die 6 Mythen über die GoBD”, und im fiolgenden wollen wir die mal entzaubern. (Alle Zitate sind aus dem offiziellen Leitfaden des Bundesministeriums für Finanzen zur GoBD). Die Zahlen vor den Absätzen verweisen auf die originalen Absatznummern in diesem Dokument…
Mythos 1: Nur Papierdokumente sind Originale
Stimmt nicht. Im Gegenteil. Papierdokumente dürfen Sie scannen, elektonische aber nicht ausdrucken zur Aufbewahrung.
118 Die nach außersteuerlichen und steuerlichen Vorschriften aufzeichnungspflichtigen und nach § 147 Absatz 1 AO aufbewahrungspflichtigen Unterlagen können nach § 147 Absatz 2 AO bis auf wenige Ausnahmen auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den GoB entspricht und sichergestellt ist, dass die Wiedergabe oder die Daten
- mit den empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefen und den Buchungsbelegen bildlich und mit den anderen Unterlagen inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden,
- während der Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbar sind, unverzüglich lesbar gemacht und maschinell ausgewertet werden können.
119 Sind aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtige Daten, Datensätze, elektronische
Dokumente und elektronische Unterlagen im Unternehmen entstanden oder dort ein- gegangen, sind sie auch in dieser Form aufzubewahren und dürfen vor Ablauf der Aufbewahrungsfrist nicht gelöscht werden. Sie dürfen daher nicht mehr ausschließlich in ausgedruckter Form aufbewahrt werden und müssen für die Dauer der Aufbewahrungsfrist unveränderbar erhalten bleiben (z. B. per E‑Mail eingegangene Rechnung im PDF-Format oder bildlich erfasste Papierbelege)
Mythos 2: Das Papierdokument muss aufbewahrt werden
Ganz falsch. Wenn man es genau nimmt, muss das gescannte Dokument NACH dem Scannen vernichtet werden, oder besser — der weiteren Verarbeitung entzogen werden” — was natürlich nicht gilt für Urkunden, etc., die weiter im Original vorliegen müssen.
139 Im Anschluss an den Erfassungsvorgang (siehe Rz. 130) darf die weitere Bearbeitung nur mit dem elektronischen Dokument erfolgen. Die Papierbelege sind dem weiteren Bearbeitungsgang zu entziehen, damit auf diesen keine Bemerkungen, Ergänzungen usw. vermerkt werden können, die auf dem elektronischen Dokument nicht enthalten sind. Sofern aus organisatorischen Gründen nach dem Erfassungsvorgang eine weitere Vorgangsbearbeitung des Papierbeleges erfolgt, muss nach Abschluss der Bearbeitung der bearbeitete Papierbeleg erneut erfasst und ein Bezug zur ersten elektronischen Fassung des Dokuments hergestellt werden (gemeinsamer Index).
140 Nach der bildlichen Erfassung im Sinne der Rz. 130 dürfen Papierdokumente vernichtet werden, soweit sie nicht nach außersteuerlichen oder steuerlichen Vorschriften im Original aufzubewahren sind. Der Steuerpflichtige muss entscheiden, ob Dokumente, deren Beweiskraft bei der Aufbewahrung in elektronischer Form nicht erhalten bleibt, zusätzlich in der Originalform aufbewahrt werden sollen.
Mythos 3: Man braucht ein Zertifikat um Papierdokumente zu vernichten!
Nein, braucht man nicht. Im Gegenteil: keine Software wird vom BMFI testiert, d.h. für gut befunden! Ihre eingesetzte Software muss lediglich den Anforderunen der GoBD gerecht werden.
179: Die Vielzahl und unterschiedliche Ausgestaltung und Kombination der DV-Systeme für die Erfüllung außersteuerlicher oder steuerlicher Aufzeichnungs- und Aufbewah- rungspflichten lassen keine allgemein gültigen Aussagen der Finanzbehörde zur Konformität der verwendeten oder geplanten Hard- und Software zu. Dies gilt umso mehr, als weitere Kriterien (z. B. Releasewechsel, Updates, die Vergabe von Zugriffs- rechten oder Parametrisierungen, die Vollständigkeit und Richtigkeit der eingegebenen Daten) erheblichen Einfluss auf die Ordnungsmäßigkeit eines DV-Systems und damit auf Bücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen haben können.
180 Positivtestate zur Ordnungsmäßigkeit der Buchführung — und damit zur Ordnungs- mäßigkeit DV-gestützter Buchführungssysteme — werden weder im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung noch im Rahmen einer verbindlichen Auskunft erteilt.
181 „Zertifikate“ oder „Testate“ Dritter können bei der Auswahl eines Softwareproduktes dem Unternehmen als Entscheidungskriterium dienen, entfalten jedoch aus den in Rz. 179 genannten Gründen gegenüber der Finanzbehörde keine Bindungswirkung.
Mythos 4: Man braucht eine elektronische Signatur!
Vor längerer Zeit abgeschafft, um die Verwaltung zu vereinfachen.
138: Für Besteuerungszwecke ist eine elektronische Signatur oder ein Zeitstempel nicht erforderlich.
Mythos 5: Mit Zertifikaten oder Auslagerung bin ich auf der sicheren Seite!
Nein, leider nicht. In Deutschland ist jeder Steuerpflichtige selbst für das Vorhandensein der Belege und deren Richtigkeit verantwortlich. Wenn Sie alle Belege immer brav dem Steuerberater geben, und der setzt sich in die Karibik ab — Ihr Problem.
21: Für die Ordnungsmäßigkeit elektronischer Bücher und sonst erforderlicher elektronischer Aufzeichnungen im Sinne der Rzn. 3 bis 5, einschließlich der eingesetzten Verfahren, ist allein der Steuerpflichtige verantwortlich. Dies gilt auch bei einer teilweisen oder vollständigen organisatorischen und technischen Auslagerung von Buchführungs- und Aufzeichnungsaufgaben auf Dritte (z. B. Steuerberater oder Rechenzentrum).
Mythos 6: Der Prüfer kann das Papierdokument verlangen
Nein, wenn ihm ein Zugang auf die Daten ermöglicht wird. Dazu muss Ihre Software laufen und auf neuestem Stand sein.
156 Wer aufzubewahrende Unterlagen in der Form einer Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern vorlegt, ist nach § 147 Absatz 5 AO verpflichtet, auf seine Kosten diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, um die Unterlagen lesbar zu machen. Auf Verlangen der Finanzbehörde hat der Steuerpflichtige auf seine Kosten die Unterlagen unverzüglich ganz oder teilweise auszudrucken oder ohne Hilfsmittel lesbare Reproduktionen beizubringen.
157 Der Steuerpflichtige muss durch Erfassen im Sinne der Rz. 130 digitalisierte Unterlagen über sein DV-System per Bildschirm lesbar machen. Ein Ausdruck auf Papier ist nicht ausreichend. Die elektronischen Dokumente müssen für die Dauer der Aufbewahrungsfrist jederzeit lesbar sein (BFH-Beschluss vom 26. September 2007, BStBl II 2008 S. 415).